Jahresvorschau 2023

Das Jahr 2022 neigt sich seinem Ende entgegen und wir blicken – in meiner subjektiven Wahrnehmung – auf ein eher schwächeres Filmjahr zurück. Natürlich, es gab einige qualitativ hochwertige Ausnahmen, aber allgemein scheint mir doch Luft nach oben zu sein. Insofern: Werfen wir einen optimistischen Blick voraus auf die Filmstarts 2023! Ach ja, und da laut Meister Yoda die Zukunft in ständiger Bewegung ist, kommen sämtliche Termine ohne Gewähr. Auch für Vollständigkeit kann ich nicht garantieren.

Den Anfang macht im Januar „The Banshees Of Inisherin“. Pádraic (Colin Farrell) und Colm (Brendan Gleeson) spielen beste Freunde, die Anfang der 1920er Jahre ein routiniertes, möglicherweise etwas eintöniges Leben an der irischen Westküste führen. Eines Tages, anscheinend ohne besonderen Anlass, kündigt Colm seinem langjährigen Kumpel die Freundschaft – und nicht nur das: Sollte Pádraic dennoch bei ihm aufkreuzen, möchte sich Colm jedes Mal selbst einen Finger abschneiden. Bei „The Banshees Of Inisherin“ musste ich nicht einmal den Trailer abwarten, um ihn mir auf die Liste zu setzen, denn Regie führt hier Martin McDonagh, der uns unter anderem mit „7 Psychos“ und „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ beglückte. In „Brügge sehen…und sterben?“, einem weiteren Glanzstück des Regisseurs, konnten Colin Farrell und Brendan Gleeson bereits vor Jahren ihre grandiose Dynamik unter Beweis stellen. Man darf sich also durchaus darauf freuen, die beiden unter diesen idealen Voraussetzungen wieder vereint vor der Kamera zu sehen. Anfang Januar erscheint „Der denkwürdige Fall des Mr. Poe“ auf Netflix. Eigentlich hatte der Film bereits 2022 einen Kinostart, doch nur einen ganz kleinen. Harry Melling spielt Edgar Allan Poe, den späteren Schriftsteller, der als junger Kadett an einer US-Militärakademie eine Mordserie an den Soldaten miterlebt. Ein Detektiv namens August Landor (Christian Bale) arbeitet an dem Fall und erhält Unterstützung von Poe. Der Trailer zu „Der denkwürdige Fall des Mr. Poe“ ist kurz, aber stimmungsvoll und macht definitiv neugierig.

Mitte Januar könnte es mit „M3GAN“ etwas für die Horrorfans geben. Die junge Cady (Violet McGraw) verliert ihre Eltern und kommt bei ihrer Tante (Allison Williams) unter. Diese war an der Entwicklung einer mit künstlicher Intelligenz ausgestatteten Puppe namens M3GAN beteiligt. Um ihre Nichte aufzumuntern, nimmt die Wissenschaftlerin den Prototypen des Roboters mit nach Hause. M3GAN freundet sich mit Cady an, allerdings entwickelt sie einen für das Umfeld des Mädchens tödlichen Beschützerinstinkt. Ende Januar meldet sich Regisseur Florian Zeller zurück. Der Schriftsteller verfilmte 2020 sein eigenes Theaterstück „The Father“ auf beeindruckende Weise, mit Anthony Hopkins in der Hauptrolle. In seinem neuen Film „The Son“ spielt Hugh Jackman Peter, einen erfolgreichen Anwalt, der nicht nur Karriere macht, sondern auch eine neue Familie gründet. Doch Nicholas (Zen McGrath), sein 17-jähriger Sohn aus erster Ehe, leidet unter Depressionen. Peter möchte helfen, allerdings unterschätzt er die Krankheit des jungen Mannes. Hugh Jackman stehen in „The Son“ hochkarätige Darsteller wie Laura Dern und Anthony Hopkins zur Seite. Trotzdem scheint der Film bei den Kritikern weniger gut anzukommen als „The Father“. Ins Kino zieht es mich hier dennoch.

Hochkarätig wird es in Sachen Cast auch bei „Babylon“, dem neuen Film von Damien Chazelle („Whiplash“, „La La Land“). Margot Robbie und Brad Pitt sind Teil einer Handlung, die im Hollywood der 1920er Jahre angesetzt ist und den Wandel vom Stumm- zum Tonfilm thematisiert. Glaubt man dem temporeichen Trailer, wurde diese cineastische Revolution von einer Menge Sex, Party und Drogen begleitet. Der deutsche Zusatztitel „Im Rausch der Ekstase“ wird einem da auf die Sprünge helfen, sollte man die bewegten Bilder nicht verstanden haben. Bislang lässt mich das Projekt eher kühl, der Trailer wirkt auf mich zu gewollt. Aufgrund des Themas wird sich Damien Chazelle bei den Oscars aber sicher Chancen ausrechnen dürfen. Ende Februar wird ein Western mit dem Titel „Dead For A Dollar“ auf DVD verramscht – vielleicht auch zurecht, glaubt man den Kritikern. Erwähnen wollte ich den Film dennoch, allein aufgrund der Beteiligung von Christoph Waltz und Willem Dafoe, die sich hier ein Duell liefern.

Anfang März startet „Tár“ in unseren Kinos. In dem fiktionalen Musikdrama spielt Cate Blanchett eine Dirigentin namens Lydia, die als erste Frau einem großen deutschen Orchester vorsteht. In dieser von Männern dominierten Berufswelt muss sich die Künstlerin durchsetzen und behaupten. Gleichzeitig steht sie in ihrem Privatleben vor mehreren Problemen. Thematisch interessiert mich „Tár“ nicht gerade brennend, allerdings wird Cate Blanchett in höchsten Tönen gelobt und wer gutes Schauspiel schätzt, sollte in dieser Hinsicht wohl gut bedient werden. Wer ein bisschen mehr Testosteron braucht, könnte sich „Creed 3“ vormerken. Michael B. Jordan spielt zum dritten Mal den Boxer Adonis Creed, der nicht nur die Rolle des Familienvaters annehmen, sondern auch ohne seinen Mentor Rocky (Sylvester Stallone) zurechtkommen muss. Da erscheint es stimmig, wenn Jordan nicht nur die Hauptrolle, sondern auch die Regie übernimmt.

Bei den Oscars 2023 dürfte einer der größten Regisseure aller Zeiten eine Rolle spielen, denn er ist mit einem Film am Start, der nicht nur perfekt zu Hollywood, sondern auch zu ihm selbst passt. Steven Spielberg präsentiert uns „Die Fabelmans“, eine Geschichte über Sammy, der in den USA der 1950er Jahre aufwächst. Als der Junge seinen ersten Film sieht, beeindruckt und prägt ihn das so sehr, dass er selbst Filmemacher werden möchte. Die Parallelen zu Spielbergs eigenem Leben in diesem Coming-of-Age-Drama sind unübersehbar. Ende März hat das Kino – erneut – etwas für Fans von Kaiserin Elisabeth zu bieten. „Sisi und ich“ zeigt eine von ihrem Gatten Franz unabhängige Monarchin, die mit ihrem weiblichen Gefolge durch Europa tingelt. Gespielt wird Sisi von Susanne Wolff, erzählt wird das Ganze jedoch aus Sicht einer ihrer Hofdamen (Sandra Hüller).

Im April bleibt es zunächst historisch. Mit „Die drei Musketiere – D’Artagnan“ erwartet uns eine Neuverfilmung des klassischen Romanstoffs, jedoch in Form einer französischen Produktion und mit eher ernsterem Tonfall. International bekannt sind die Darsteller Vincent Cassel und Eva Green. Die Geschichte ist als Zweiteiler konzipiert, wobei der zweite Teil – „Die drei Musketiere – Milady“ – bereits im Dezember 2023 startet. Zurück in den April, denn hier könnte es nochmal bizarr werden. In „Renfield“ spielt Nicholas Hoult den Gehilfen Draculas, der nach Jahrhunderten des Dienens und Malochens keine rechte Lust mehr auf seinen Meister hat – verständlich, denn dieser wird von Nicolas Cage gespielt! Dass Cage in der Rolle des Vampirs sämtliche Ressourcen seines darstellerischen Wahnsinns anzapfen kann, hat er ja bereits in „Vampire’s Kiss“ bewiesen. Ende April kann man in Deutschland Darren Aronofskys („Black Swan“, „mother!“) neuestes Werk sehen. In „The Whale“ spielt Brendan Fraser einen Vater namens Charlie, der einst wegen einem Mann seine Familie verließ. Ein Schicksalsschlag ließ Charlie jedoch eine schwere Essstörung entwickeln. Der inzwischen stark übergewichtige Vater möchte sich nun wieder mit seiner 17-jährigen Tochter in Verbindung setzen. Kritiker lobten bereits Frasers gefühlvolle Darstellung und sie ist es auch, die mich – in Kombination mit dem Können des Regisseurs – ins Kino lockt.

Was mich genau beim nächsten Film ins Kino locken soll, ist mir immer noch nicht so ganz klar. Ende Juni startet mit „Indiana Jones und der Ruf des Schicksals“ der fünfte Teil der Reihe – also stolze 15 Jahre nach „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“, der ja – freundlich ausgedrückt – nicht besonders gut ankam. Vor ein paar Monaten habe ich ihn mir nochmal angesehen und störte mich erneut am schlecht eingesetzten CGI und der Handlung rund um die Aliens. Harrison Ford konnte man die Rolle des dynamischen Archäologen-Abenteurers gerade noch so abnehmen – aber wird das nun, so viele Jahre später, mit einem über 80-jährigen Darsteller immer noch so sein? Greifen sie Indys Alter womöglich thematisch auf und finden eine clevere Lösung? Kann man aufgrund von Regisseur James Mangold („Walk The Line“, „Logan“) und der Tatsache, dass George Lucas nicht am Drehbuch beteiligt war, Hoffnung haben? Der Trailer zu „Indiana Jones und der Ruf des Schicksals“ lässt mich jedenfalls weiterhin skeptisch zurück. Immerhin ist John Rhys-Davies wieder dabei. Und Mads Mikkelsen spielt einen Nazi, das ist doch schon mal was.

Der Juli ist traditionell Blockbuster-Zeit und kaum jemand liefert bessere Blockbuster mit Anspruch-Anstrich als Christopher Nolan („Inception“, „The Dark Knight“). Doch 2023 entführt uns Nolan in keine schwarzen Löcher, Traumwelten oder Paralleldimensionen. Stattdessen präsentiert er uns ein – vermeintlich – handfestes Biopic. In „Oppenheimer“ spielt Cillian Murphy den Physiker J. Robert Oppenheimer, der als Erfinder der Atombombe gilt – wir haben also ein Thema, welches angesichts des wieder aufkochenden Kalten Krieges eine gewisse Brisanz hat. Der Cast liest sich wie ein Traum, denn Murphy stehen unter anderem Emily Blunt, Matt Damon, Florence Pugh, Rami Malek und Robert Downey Jr. zur Seite. Einen allzu bodenständigen oder geradlinigen Film sollte man bei Nolan allerdings nicht erwarten, denn mit Sicherheit hat sich der Brite wieder eine ganz spezielle Erzählweise ausgedacht. Freunde von bunten und grellen Farben sollten sich „Barbie“, den neuen Film von Greta Gerwig („Lady Bird“, „Little Woman“) auf die Liste setzen. Denn ein wenig nach Augenkrebs sehen die ersten Bilder von Margot Robbie und Ryan Gosling in den Hauptrollen ja schon aus. Bei Regisseurin Gerwig und den anderen Beteiligten kann man aber davon ausgehen, dass es sich beim Projekt nicht um einen simplen Film über die weltberühmte Spielzeugpuppe handelt – ich rechne stark mit einem feministischen Ansatz. Ende des Jahres, im November, erwartet uns schließlich der Knaller, auf den ich mich am meisten freue: „Dune: Part Two“ vom großartigen Regisseur Denis Villeneuve. Der zweite Teil der Romanverfilmung sollte einen wesentlichen Teil von Frank Herberts Science-Fiction-Epos abschließen. Sicherlich darf man sich erneut auf umwerfende Bilder und einen bombastischen Soundtrack von Hans Zimmer freuen. Der ohnehin herausragende Cast des ersten Teils wird durch Florence Pugh und Christopher Walken weiter bereichert.

Neben diesen einigermaßen fixen Kinostarts hat das Jahr 2023 noch zahlreiche Filme zu bieten, die aktuell keinen festen Start haben oder sich eher in der Schwebe befinden. Alex Garland („Ex Machina“ – großartig, „Auslöschung“ – gut, „Men“ – okay) arbeitet für A24 an einem Actionfilm mit dem Titel „Civil War“. Die Story spielt in den USA der nahen Zukunft und scheint thematisch um die Polarisierung der Gesellschaft zu kreisen. Die Hauptrolle übernimmt Kirsten Dunst. Mark Wahlberg spielt in „Father Stu“ den Amateur-Boxer Stuart Long, den eine Verletzung zum Umdenken zwingt. Die auf wahren Begebenheiten basierende Geschichte führt Stu nach Los Angeles, wo in ihm die Überzeugung wächst, katholischer Priester zu werden. Derweil arbeitet Kevin Costner („Der mit dem Wolf tanzt“) an einem neuen Western epischen Ausmaßes: „Horizon“ ist eine ganze Filmreihe, die 15 Jahre umspannt und sich der Besiedelung des amerikanischen Westens widmet.

Immer mehr neue Werke großer Regisseure finden sich auf Streamingdiensten. So dreht David Fincher („Sieben“, „Fight Club“) seinen neuesten Film „The Killer“ für Netflix. Der Thriller basiert auf einem französischen Comic, in der Rolle des Auftragskillers ist Michael Fassbender zu sehen. Joaquin Phoenix wird in „Napoleon“ zum gleichnamigen General, Diktator und Kaiser. Regie führt Ridley Scott, das Historiendrama wird auf Apple TV+ zu sehen sein. Ebenfalls dort veröffentlicht Martin Scorsese „Killers Of The Flower Moon“. In diesem Western geht es um die Ermordung amerikanischer Ureinwohner und die Ermittlungen des FBI. Neben Stars wie Leonardo DiCaprio und Robert De Niro werden viele indigene Darsteller zu sehen sein. Für Netflix wird Bradley Cooper nach „A Star Is Born“ erneut als Regisseur tätig. Das Biopic „Maestro“ handelt vom Komponisten Leonard Bernstein. Cooper selbst übernimmt die Hauptrolle, als Bernsteins Ehefrau wurde Carey Mulligan gecastet.

Auch Bong Joon-ho („Snowpiercer“, „Parasite“) arbeitet an einem neuen Werk, und zwar an der Romanverfilmung „Mickey 17“, in der es um ein Raumschiff voller Kolonisten geht. Robert Pattinson ist mit an Bord und spielt einen „Expendable“, also ein Besatzungsmitglied, welches für extrem riskante Missionen verantwortlich ist und das im Fall seines Ablebens einfach nachgeklont wird. Eventuell erscheint „Mickey 17“ aber auch erst im Jahr 2024. Ebenfalls länger warten muss man wohl auf „The Lord Of The Rings: The War Of The Rohirrim“. In dem an Peter Jacksons „Der Herr der Ringe“-Trilogie angelehnten Animationsfilm wird die Vorgeschichte Rohans beleuchtet. Um ein Prequel handelt es sich auch bei „A Quiet Place: Day One“. Regisseur Michael Sarnoski („Pig“) wird uns die Ursprünge der Apokalypse erzählen, in der äußerst lärmempfindliche Aliens die Menschheit bedrohen.

„Weird: The Al Yankovic Story“ ist ein Biopic über den kultigen Musiker und Komiker Alfred Matthew „Weird Al“ Yankovic, den ich persönlich nur aus dem Klamauk-Film „UHF – Sender mit beschränkter Hoffnung“ kenne. Die Hauptrolle spielt Daniel Radcliffe, der optisch wie die Faust aufs Auge passt und mit Sicherheit Spaß an all dem Quatsch hat. Robert Eggers („The Witch“, „Der Leuchtturm“) arbeitet vermutlich an einer Neuverfilmung von „Nosferatu“. Aktuell wird man wohl Bill Skarsgård, Lily-Rose Depp und Nicholas Hoult in tragenden Rollen sehen. Noch weniger handfeste News gibt es von Yorgos Lanthimos („The Lobster“, „The Favourite“) und seiner seit etwa drei Jahren geplanten Romanverfilmung „Pop. 1280“. Mit „Star Wars: Rogue Squadron“ könnte der Sternenkrieg wieder ins Kino zurückkehren, nachdem die Sequel-Trilogie mit ihrem Tiefpunkt „Der Aufstieg Skywalkers“ die große Leinwand vorerst niederbrannte. Apropos J.J. Abrams: Seine Enterprise-Crew rund um Chris Pine soll in „Star Trek 4“ einen weiteren Auftritt bekommen. Momentan scheint man aber noch keinen Regisseur zu haben und offizielle Statements der Schauspieler fehlen, soweit ich das sehe, auch noch.

Ich hoffe, dass bei dieser Jahresvorschau so manches für euch dabei war und ihre eure eigenen Listen nun ergänzen könnt. Habe ich vielleicht für euch wichtige Filmprojekte vergessen? Falls ja: Lasst es mich in den Kommentaren wissen! Meinerseits schon mal viel Spaß mit den Filmen im Jahr 2023!

Fragil

Originaltitel: Fragile

Regie: Emma Benestan

Drehbuch: Emma Benestan, Nour Ben Salem

Musik: Julie Roué

Darsteller: Yasin Houicha, Oulaya Amamra, Tiphaine Daviot

Der junge und in bescheidenen Verhältnissen lebende Austernfischer Azzedine (sympathisch: Yasin Houicha) hat ein Problem: Seine Freundin, eine mit der High Society flirtende Schauspielerin, geht nicht auf seinen Heiratsantrag ein. Niedergeschlagen erhält Azzedine Hilfe von seinen Kumpels, insbesondere von seiner besten Freundin Lila (charmant: Oulaya Amamra). Die ist Tänzerin und soll Azzedine für einen Auftritt auf dem Parkett der gehobenen Klasse fit machen. Auf diese Weise möge der Verflossenen klar werden, was ihr da eigentlich für ein Fisch, pardon, eine Auster entgeht. Das Problem bei dem Plan: Allmählich ist sich Azzedine nicht mehr so sicher, ob Lila nicht viel mehr als nur ein Kumpel ist.

Die romantische Komödie „Fragil“ läuft seit dem 1. Dezember 2022 in den deutschen Kinos, und kann vor allem mit den lockeren Zwischentöne der DarstellerInnen gut punkten – ob es nun die angespannte Stimmung zwischen Az und seiner Exfreundin ist, die sich anbahnende, knisternde Romanze mit Lila oder die Clique von Freunden, die sich herrlich authentisch scharfe Bälle zuspielt und ob der plötzlichen Sensibilität ihres Kumpels etwas ins Straucheln gerät. Rollenbilder, die auf den Kopf gestellt werden, machen Fragil dann doch zu einem Film, der mehr zu bieten hat als viele andere Coming of Age-Liebeskomödien.

Fans des Genres dürften ihren Spaß an dem Feel-Good-Film haben, der über weite Teile locker-fluffig wie ein Croissant inszeniert ist, am Ende jedoch auch ein paar ernstere Töne anklingen lässt.

Jahresvorschau 2022

Die Corona-Pandemie hat das Leben von Menschen weltweit durcheinandergewirbelt – und selbstverständlich blieb davon auch das Kino nicht verschont. Das lässt sich unter anderem an den Filmstarts erkennen, die in den Jahren 2020 und 2021 immer wieder verschoben und neu angesetzt wurden. Eine Jahresvorschau gestaltet sich unter solchen Umständen schwierig. Trotzdem möchte ich genau das für das Jahr 2022 versuchen. Einige Filmstarts stehen zum aktuellen Stand bereits fest. Andere Filme warten noch auf ihre Termine, beziehungsweise kommen womöglich erst 2023 ins Kino. Insofern hat diese Jahresvorschau einen sehr vorläufigen Charakter.

Zum Dreikönigsfest bringt das Filmstudio A24 „Lamb“ in die deutschen Kinos. Hier geht es um ein kinderloses Paar, welches im kargen Island von der Viehzucht lebt. Schafe, die ihre Lämmer werfen, gehören zum alltäglichen Geschäft. Doch eines Tages kommt ein ganz besonderes Lamm auf die Welt, welches von dem Paar quasi adoptiert wird. Der Trailer zum Film, in dem Noomi Rapace die weibliche Hauptrolle spielt, verspricht ein skurriles Filmerlebnis, das durch einige Horror-Elemente angereichert sein dürfte. Wenige Tage später soll „Pleasure“ in die Kinos kommen. Im Fokus steht eine junge Schwedin, die ihre kleine Heimatstadt verlässt und in Los Angeles der nächste große Pornostar werden möchte. Hierbei werden die anfänglichen Illusionen schnell von der harten Realität der Branche eingeholt. Das Drama wurde bereits bei einigen Filmfestivals gezeigt und erntete gute Kritiken. Nicht minder dramatisch dürfte „Spencer“ sein. Der Film widmet sich der tragisch verstorbenen Prinzessin Diana. Allerdings sollte man wohl kein allumfassendes Biopic erwarten. Vielmehr scheint sich „Spencer“ auf eine kürzere Lebensphase der Prinzessin zu konzentrieren, in welcher Diana die Entscheidung fasste, sich von Prinz Charles zu trennen. Kristen Stewart, die in der Hauptrolle zu sehen ist, wurde bereits für ihre Darstellung gelobt.

Mitte Januar können sich Kunden des Streamingdienstes Apple TV+ „The Tragedy Of Macbeth“ ansehen. Joel Coen widmet sich hier – interessanterweise ohne seinen Bruder Ethan – dem bekannten Bühnenstück von William Shakespeare. Es geht um einen schottischen Lord, der König werden möchte und in seinem Machtstreben von seiner Frau unterstützt wird. Denzel Washington und Frances McDormand schlüpfen in die anspruchsvollen Rollen und werden sicherlich durch hohe Schauspielkunst überzeugen. Zusätzlich lässt der Trailer mit seinen schwarz-weißen Bildern auf einen optischen Genuss hoffen. Ende Januar soll „Nightmare Alley“ von Guillermo del Toro in die deutschen Kinos kommen. In dem Psychothriller, der gleichzeitig eine Romanverfilmung ist, geht es um einen ehrgeizigen und durchtriebenen Schausteller, der sich auf ein gefährliches Spiel mit einer Psychiaterin einlässt. Mit Bradley Cooper, Cate Blanchett, Willem Dafoe, Toni Collette und Rooney Mara ist „Nightmare Alley“ hochkarätig besetzt. Mitte Februar könnte mit „Uncharted“ einer der ersten Blockbuster des Jahres starten. Der Abenteuerfilm orientiert sich an der beliebten gleichnamigen Videospielreihe. Der Trailer, in dem Hauptdarsteller Tom Holland in reichlich Action zu sehen ist, strahlt für mich aber kaum den Charme der Spiele aus – wenn man mal von dem Led Zeppelin-Song absieht.

Auch 2022 dürften so einige Comicverfilmungen am Start sein. Wirklich auf dem Schirm habe ich aber nur eine: „The Batman“ von Matt Reeves. Nach Ben Affleck ist es nun Robert Pattinson, der in die Rolle des Dunklen Ritters schlüpfen darf. Vermutlich sind es noch zu viele, die ihn ausschließlich mit dem Glitzer-Vampir der „Twilight“-Reihe in Verbindung bringen. Dabei hat sich Pattinson in den letzten Jahren durch die Annahme ausgefallener und extremer Rollen als ernstzunehmender Darsteller etabliert. Auch der Regisseur stimmt mich optimistisch. Meiner Meinung nach ist Reeves mit seiner „Planet der Affen“-Trilogie tatsächlich gutes Blockbuster-Kino gelungen. Wen das alles nicht überzeugt, dem seien die stimmungsvollen Trailer empfohlen, in denen neben Pattinson auch Zoë Kravitz, Paul Dano, Jeffrey Wright, Andy Serkis und ein kaum erkennbarer Colin Farrell zu sehen sind. Ruhiger und kleiner als „The Batman“ dürfte das Drama „C’mon C’mon“ sein. Joaquin Phoenix spielt einen Dokumentarfilmer, der bei seinem aktuellen Projekt mit Kindern zusammenarbeitet. Im Privaten kommt eine ganz ähnliche Aufgabe auf ihn zu: Er muss auf seinen Neffen aufpassen, da dessen Vater unter schweren Depressionen leidet. Onkel und Neffe verbringen viel Zeit zusammen, woraufhin sich ein tiefes Vertrauensverhältnis entwickelt.

Im April meldet sich Sean Baker mit „Red Rocket“ zurück. Vor einigen Jahren begeisterte mich Bakers Drama „The Florida Project“ mit seinem genauen Blick auf Menschen, die ansonsten keinen Platz auf der großen Kinoleinwand finden. Möglicherweise schließt „Red Rocket“ mit ähnlichen Qualitäten an, denn hier geht es um einen ehemaligen Pornostar, der in seine alte Heimat zurückkehrt und dort wieder familiären Anschluss finden möchte. Wenige Tage später darf man in den Genuss des neuesten Werkes von Robert Eggers kommen. Das junge Ausnahmetalent lieferte mit „The Witch“ und „Der Leuchtturm“ zwei der interessantesten und außergewöhnlichsten Horrorfilme der letzten Jahre. Nun widmet sich Eggers in „The Northman“ einer Gruppe Wikinger im 10. Jahrhundert. Man darf sich wohl auf viel Gewalt und Rache einstellen, zudem präsentiert sich ein sehr starker Cast – unter anderem mit Anya Taylor-Joy, Nicole Kidman, Ethan Hawke und Willem Dafoe. Im Juni kommt mit „Jurassic World 3: Ein neues Zeitalter“ ein vermutlich großer Blockbuster ins Kino. Inhaltlich ist die Reihe für mich seit längerer Zeit auserzählt und wirklich begeistern konnten mich die letzten Filme nicht. Dennoch gibt es im Grunde keine Alternative, wenn man gut animierte Dinosaurier sehen möchte, weswegen ich wohl im Kino sitzen werde. Und ein wenig reizt mich die Beteiligung der alten Stars Sam Neill, Laura Dern und Jeff Goldblum ja auch.

Keinen Starttermin hat bisher das Science-Fiction Drama „After Yang“. Colin Farrell spielt hier einen Familienvater, dessen Adoptivtochter einem gekauften Androiden anvertraut wird. Als dieser nicht mehr funktionsfähig ist, möchte ihn der Vater reparieren, wobei er nicht zuletzt viel über seine Familie erfährt. „Bardo“ ist der Titel des nächsten Films von Alejandro González Iñárritu. Nach dem kräftezehrenden „The Revenant“ musste der mexikanische Filmemacher anscheinend eine mehrjährige Pause einlegen. Mit der Komödie „Bardo“ meldet er sich hoffentlich eindrucksvoll zurück. Westen-Fans sollten sich „Dead For A Dollar“ vormerken. Christoph Waltz spielt hier einen Kopfgeldjäger, der die entführte Ehefrau eines Geschäftsmannes zurückbringen soll. Dabei gerät er mit einem alten Feind, gespielt von Willem Dafoe, aneinander. Im Laufe des Jahres dürfte auf Netflix eine Neuverfilmung des Romans „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque zu sehen sein. Das Werk, welches die Sinnlosigkeiten und Grausamkeiten des Ersten Weltkriegs schonungslos darstellt, wurde bereits 1930 verfilmt. In der Netflix-Produktion wird unter anderem Daniel Brühl zu sehen sein.

Ebenfalls auf Netflix soll der neue Film von David Fincher laufen. „The Killer“ orientiert sich an einem französischen Comic und handelt von einem Auftragsmörder, der von Michael Fassbender gespielt wird – viel mehr muss man eigentlich nicht wissen. Auch ein anderer Meisterregisseur wird sein neuestes Werk nicht im Kino, sondern auf einem Streamingdienst veröffentlichten. Martin Scorseses Drama „Killers Of The Flower Moon“ soll auf Apple TV+ laufen. Es geht um die Ermordung amerikanischer Ureinwohner in den 1920er Jahren und die Ermittlungen des FBI. Neben vielen indigenen Darstellern umfasst der Cast Stars wie Leonardo DiCaprio, Jesse Plemons und Robert De Niro. Ebenfalls historisch unterwegs ist erneut Ridley Scott. In „Kitbag“ widmet er sich dem französischen General, Diktator und Kaiser Napoleon Bonaparte. In der Hauptrolle wurde Joaquin Phoenix besetzt, doch auch Jodie Comer, die zuletzt in „The Last Duel“ brillierte, wird zu sehen sein. Eine Geschichte der speziellen Art erzählt „Massive Talent“. Nicolas Cage spielt sich hier selbst. Kreativ am Ende und hochverschuldet nimmt er gege eine hohe Gage am Geburtstag eines dubiosen Fans teil. Von hier aus wird es dann ziemlich crazy. Meiner Einschätzung nach kann ein Projekt wie „Massive Talent“ entweder rundum gelingen oder einen vollkommenen Griff ins Klo darstellen.

2022 ist auch Jordan Peele wieder am Start. Über sein neuestes Projekt „Nope“ ist bislang wenig bekannt, doch Peeles bisherige Werke – beispielsweise „Get Out“ und „Wir“ – lassen auf einen ebenso interessanten Film hoffen. Auf Netflix soll Ende des Jahres ein weiteres Werk von Guillermo del Toro zu sehen sein. Der mexikanische Filmemacher greift in „Pinocchio“ die berühmte Geschichte der sprechenden Marionette auf. Del Toro scheint für ein solches Projekt wie gemacht, allerdings wird er sich gegen die ebenfalls 2022 anstehende Disney-Realverfilmung behaupten müssen. Im Gegensatz zum Mäusekonzern setzt Netflix aber auf einen reinen Animationsfilm. Auch der griechische Regisseur Yorgos Lanthimos – unter anderem für „The Lobster“ bekannt – scheint an einem Projekt zu arbeiten, und zwar an der Verfilmung des Kriminalromans „Pop. 1280“. Gespannt bin ich auch auf „The Son“, den neuesten Film von Florian Zeller. Wie bereits bei „The Father“ setzt der französische Filmemacher sein eigenes Bühnenstück für das Kino um. Mit Hugh Jackman, Laura Dern und Anthony Hopkins konnte er einen beeindruckenden Cast für sich gewinnen. Einen ganz besonderen Film dürfte uns Darren Aronofsky präsentieren. In „The Whale“ spielt Brendan Fraser einen extrem übergewichtigen Mann, dem es um Versöhnung mit seiner Tochter geht. Um das physische und spirituelle Heil des Mannes streiten sich eine atheistische Krankenschwester und ein mormonischer Missionar.

Zum Schluss der Vorschau möchte ich noch einen Blick ins Jahr 2023 wagen, denn hier erwarten uns die Filme von mindestens zwei Ausnahmetalenten. Zum einen arbeitet Damien Chazelle – bekannt geworden durch „La La Land“ – an einem historischen Drama namens „Babylon“, das während der goldenen Ära Hollywoods spielt. Vor der Kamera werden unter anderem Brad Pitt und Margot Robbie zu sehen sein. Zum anderen bringt Christopher Nolan „Oppenheimer“ ins Kino. Hier soll es um den gleichnamigen Physiker gehen, der während des Zweiten Weltkriegs für die US-Amerikaner arbeitete und als Vater der Atombombe gilt. Nach dem für mich übermäßig anstrengendem „Tenet“ begrüße ich ein vermeintlich simpleres Biopic sehr. Zudem weiß der Cast mit Cillian Murphy, Emily Blunt, Matt Damon, Florence Pugh, Rami Malek und Robert Downey Jr. zu begeistern.

Ich hoffe, ihr hattet euren Spaß mit dieser Jahresvorschau und konntet einige Filme auf eure Watchlist setzen. Gibt es wichtige Filmprojekte, die ich übersehen habe? Dann lasst es mich in den Kommentaren wissen!

Endlich: Der Popcast als Podcast

Nachdem wir unsere gemütlichen Plauderstunden stets in Videoform auf YouTube veröffentlichten, möchten wir unsere Unterhaltungen nun auch allen zugänglich machen, denen YouTube zu umständlich ist oder die ohnehin lieber reine Podcasts hören.

Auf anchor.fm

Auf Spotify

Auf Deezer

Auf Amazon Music

Auf Breaker

Auf Googlepodcast

Auf Radiopublic

Auf Pocket Casts

Viel Spaß beim Reinhören!

Hinweis: Popcornguys go Popcast

Ein kleiner Hinweis für alle, die es noch nicht mitbekommen haben: Seit gut sieben Monaten – also etwa seit dem Beginn der Corona-Pandemie – lassen Flo und David euch via Podcast an ihrem Film- und Serienkonsum teilhaben. Der sogenannte „Popcast“ ist inzwischen schon in die 11. Runde gegangen. Weiter unten findet ihr Zugang zum allerersten Popcast, von dort aus bei Interesse einfach durchklicken. Und selbstverständlich liken, kommentieren, abonnieren, Sektkorken knallen lassen und so weiter und so fort.

Davids Zünftige Zehn – 1960er

Während der Corona-Krise hatte ich die Gelegenheit, einige ältere Filme und Klassiker nachzuholen. Da kam ich auf die Idee, mich etwas mehr mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Ich möchte in den kommenden Wochen und Monaten verschiedene Jahrzehnte betrachten und dabei die – meiner Meinung nach – zehn besten Filme der einzelnen Dekaden herauspicken.

Den Anfang machen die 1960er Jahre. Falls es ältere Leser gibt, dürften sie dieses Jahrzehnt als eine sehr turbulente Zeit in Erinnerung haben: Die Berliner Mauer wurde errichtet. Die Kuba-Krise markierte einen Höhepunkt des Kalten Krieges. Vietnamkrieg, Bürgerrechtsbewegung und Flowerpower bestimmten vor allem die US-amerikanische Politik. John F. Kennedy und Martin Luther King wurden ermordet. Der Sechstagekrieg definierte den Nahen Osten neu. Die Katholische Kirche richtete sich im Zweiten Vatikanischen Konzil an der Moderne aus. Und Neil Armstrong betrat als erster Mensch den Mond.

Auch für die Filmlandschaft waren die 1960er Jahre eine Zeit des Umbruchs und Wandels. Die goldene Ära Hollywoods war vorbei, berühmte Regisseure wie Alfred Hitchcock hatten ihr Hauptwerk abgeschlossen und zahlreiche große Darsteller kamen in die Jahre. Neue kreative Filmströmungen entwickelten sich, größtenteils in Europa, bis der US-amerikanische Film in den 1970er Jahren durch das sogenannte New Hollywood eine Renaissance. Das Jahrzehnt zuvor kann gewissermaßen als Übergangszeit bezeichnet werden. Dennoch kam es hier zu einigen bemerkenswerten Filmen, die oft zur Spitze ihres jeweiligen Genres zählen.

Psycho (1960)

Anfang der 1960er Jahre konnte Alfred Hitchcock bereits auf den Großteil seines Werks zurückblicken. Ich selbst habe bisher leider nur wenige seiner Filme gesehen. Mein persönlicher Favorit zählt dabei definitiv zum Spätwerk des Regisseurs. In „Psycho“ geht es um die Sekretärin Marion Crane, gespielt von der zauberhaften Janet Leigh. Sie unterschlägt ihrem Arbeitgeber Geld, meldet sich krank und verlässt die Stadt, um zu ihrem Geliebten zu fahren. Unterwegs gerät Marion in einen schlimmen Regen und kommt in einem abgelegenen Motel unter. Anthony Perkins spielt Norman Bates, den jungen Eigentümer der Unterkunft. Er wirkt verklemmt und eigenartig, zeigt aber Interesse an der attraktiven Frau. Bates erzählt Marion auch von seiner kranken Mutter, die nebenan in einem alten Haus lebt und auf die er sehr fixiert zu sein scheint. Viel mehr möchte ich über die Handlung nicht verraten, wobei zahlreiche Szenen in die Filmgeschichte eingegangen und bekannt sein dürften. Hitchcocks „Psycho“ ist zurecht ein Klassiker und Meilenstein des Thriller-Genres. Neben handwerklicher Pionierarbeit sind vor allem Wendungen und Entscheidungen hinsichtlich der Charaktere zu loben, die in der damaligen Zeit absolut revolutionär gewesen sein müssen. Selbstverständlich spiele ich auf die immer noch schockierende Duschszene an, doch auch die Freizügigkeit, mit der sich Janet Leigh in den ersten Minuten des Films zeigt, dürfte ziemlich provoziert haben. Jedem, der „Psycho“ noch nicht gesehen hat, möchte ich diesen schaurig-beklemmenden Kultfilm in schwarz-weiß dringend empfehlen.

Spartacus (1960)

Die Zeit der großen Monumental- und Historienfilme waren die 1950er Jahre. Hier dominierten epochale Werke wie „Quo Vadis?“, „Die zehn Gebote“ und „Ben Hur“ das Kino. In den 1960er Jahren hatte das Genre seinen Höhepunkt schon eher überschritten, aber dennoch wurde zu Beginn des Jahrzehnts einer der besten Sandalenfilme überhaupt veröffentlicht. „Spartacus“ orientiert sich an der wahren Geschichte des gleichnamigen Sklaven, der als Gladiator ausgebildet wurde und schließlich einen Sklavenaufstand gegen die Römische Republik führte. Kirk Douglas, dessen markantes Gesicht antiken Heldenbüsten problemlos den Marmor reichen kann, spielte nicht nur die Hauptrolle, sondern war auch der ausführende Produzent. Bereits nach den ersten Drehtagen kam es zu Meinungsverschiedenheiten mit dem Regisseur, weswegen Douglas den damals noch recht unbekannten Stanley Kubrick mit dem Projekt betraute. Obwohl Kubricks künstlerische Freiheit im Vergleich zu seinen späteren Werken wohl eingeschränkt war, wirkt „Spartacus“ bist heute frisch und mutig inszeniert. Dem damaligen Publikum war der Film an manchen Stellen aber zu mutig. So war lange Zeit eine Szene gestrichen, in der zwischen einem römischen Politiker und seinem Sklaven antike Bisexualität angedeutet wird. Neben den umwerfenden Schauwerten und großen Schlachten besticht der Film durch den leidenschaftlichen Kampf um Freiheit und eine sehr gefühlvolle Liebesgeschichte, die sich zwischen den Figuren von Douglas und der wundervollen Jean Simmons abspielt. Eine klare Empfehlung also, besonders in Zeiten, in denen gute Monumental- und Historienfilme im Kino eher Mangelware sind.

Hatari! (1962)

Als Kind ist man ja in der Lage, den gleichen Film immer und immer wieder anzusehen, oft mehrmals in der Woche. So erging es mir mit „Hatari!“, den mein Großvater auf Videokassette hatte. Und tatsächlich bietet dieser Abenteuerfilm so einiges, was ein Kind begeistern dürfte: Coole Typen, Witz und Humor, mitreißende Musik, spannende Actionszenen mit Autos und jede Menge Tiere. Aber zunächst zur Handlung. In „Hatari!“ geht es um die Fangmannschaft einer afrikanischen Großwildstation. Es ist der Beruf der bunten Truppe, Tiere für Zoos einzufangen, was bei großen Säugern wie Büffeln oder Nashörnern durchaus riskant ist. Den Anführer des Teams spielt John Wayne, der einen Großteil seiner Filme bereits während der goldenen Ära Hollywoods abdrehte. In „Hatari!“ gibt er den gewohnt harten und mürrischen Kerl, dessen Leben von der Ankunft der lebhaften Fotografin Dallas (Elsa Martinelli) jedoch gehörig umgekrempelt wird. Die von Sticheleien geprägte Liebesgeschichte der beiden ist unterhaltsam, doch das Herzstück des Films sind natürlich die authentischen und daher äußerst packenden Jagdszenen. Aus Gründen des Tierschutzes wäre ein solcher Dreh heute undenkbar. Ebenso unmöglich erscheint die schiere Menge an Zigaretten und Alkohol, die quasi im Minutentakt konsumiert werden. Doch der Reiz von „Hatari!“ besteht meiner Meinung nach auch darin, ihn als Kind seiner Zeit zu sehen und sich an entsprechend befremdlichen Szenen ein wenig zu reiben.

Lawrence von Arabien (1962)

Nicht jeder Monumentalfilm muss sich mit antikem Stoff beschäftigen. Das zeigt unter anderem „Lawrence von Arabien“, der zur Zeit des Ersten Weltkriegs spielt. Der Film erzählt die Geschichte des britischen Offiziers, Archäologen, Geheimagenten und Schriftstellers Thomas Edward Lawrence. Ein Soldat mit Leib und Seele war er wohl nicht. Sein leidenschaftliches Interesse galt vielmehr dem Nahen Osten und dem Leben der Beduinen in der Wüste. 1916 wurde Lawrence als Verbindungsmann auf die arabische Halbinsel geschickt und wurde dort schnell zu einer Schlüsselfigur des Aufstands der Araber gegen das Osmanische Reich. In der Verfilmung der historischen Ereignisse sind neben Peter O’Toole in der Hauptrolle unter anderem Alec Guinness, Anthony Quinn und Omar Sharif zu sehen. „Lawrence von Arabien“ mag wegen gewisser Freiheiten angreifbar sein, ist jedoch bis heute ein unglaublich aufwendiges und bildgewaltiges Wüstenepos. Allein die Drehorte, die die Crew unter anderem nach Jordanien, Spanien, Marokko und Kalifornien führten, rechtfertigen eine Sichtung dieses majestätischen Werkes.

James Bond 007 – Goldfinger (1964)

Ich gebe es zu, ein Experte in Sachen James Bond bin ich wahrlich nicht. Vermutlich habe ich nur rund zehn Filme der Reihe wirklich gesehen. Insofern füge ich mich wohl ganz dem langweiligen Mainstream, wenn ich sage, dass ich Sean Connery für den besten Darsteller und „Goldfinger“ für den besten Film halte. Vielleicht abgesehen von „Casino Royale“ mit Daniel Craig. In „Goldfinger“ soll der britische Geheimagent den exzentrischen Milliardär Auric Goldfinger (Gerd Fröbe) überwachen. Dieser gefährdet durch illegalen Goldschmuggel das internationale Währungssystem. Zudem möchte er sämtliche Goldreserven der Vereinigten Staaten in Fort Knox radioaktiv verseuchen und daraus Profit schlagen. Viele Szenen des Films haben sich mir für immer ins Gedächtnis gebrannt: Die völlig mit Gold übermalte und dadurch erstickte Frau. Bond und Goldfinger beim Golfen. Der Laserstrahl zwischen Connerys Beinen. Bonds Kampf gegen Goldfingers stummen Leibwächter Oddjob. Und natürlich das Finale im Jet. Gekrönt werden diese magischen Filmmomente von Shirley Basseys krachendem Titelsong, der ironischerweise nie einen größeren Preis gewonnen hat. Doch sie kann sich trösten: Nicht immer wird Qualität mit einem Oscar ausgezeichnet.

Zwei glorreiche Halunken (1966)

Bereits in den 1950er Jahren feierte der Western große Erfolge in Hollywood und prägte die Filmlandschaft. Doch im darauffolgenden Jahrzehnt entwickelte sich mit dem Italo-Western ein Sub-Genre, welches von italienischen Produktionen dominiert wurde. Der mit Abstand wichtigste Regisseur dieser Sparte und auch allgemein einer der besten Filmemacher überhaupt war Sergio Leone. Italowestern – auch als Spaghetti-Western bezeichnet – gingen ironischer, zynischer, brutaler und amoralischer an das Thema heran. Auf diese Weise entstanden einige späte Western, die zu den interessantesten des gesamten Genres zählen. Und ganz an der Spitze steht für mich Sergio Leones „Zwei glorreiche Halunken“. Der englische Titel „The Good, the Bad and the Ugly“ verdeutlicht, dass es die Geschichte dreier Männer ist: Tuco (unterhaltsam: Eli Wallach), Sentenza (bösartig: Lee Van Cleef) und der Blonde (cool: Clint Eastwood) suchen eine mit Goldmünzen gefüllte Kiste, die auf einem Friedhof vergraben wurde. Das Problem: Die drei Männer sind im Besitz unterschiedlicher Informationen, die nur kombiniert zum Schatz führen. Das zwingt die zwielichtigen Kriminellen zur Zusammenarbeit, die natürlich auf äußerst wackligen Beinen steht. Neben den drei Darstellern und der wundervollen Inszenierung Leones ist es natürlich Ennio Morricones perfekter Soundtrack, der „Zwei glorreiche Halunken“ zweifellos in den Klassiker-Olymp aufsteigen lässt.

Das Dschungelbuch (1967)

Es gab eine Zeit, in der Disney nicht durch umfangreiche Firmenübernahmen, Marvel-Blockbuster und das erbarmungslose Melken der „Star Wars“-Marke bekannt war, sondern die guten, alten Zeichentrickfilme veröffentlichte. „Das Dschungelbuch“ ist dabei der letzte abendfüllende Spielfilm, der von Walt Disney selbst produziert wurde. Der Film, der sich an den Dschungelbuch-Erzählungen von Rudyard Kipling orientiert, war enorm populär und ist bis heute der erfolgreichste Film in Deutschland, wenn es nach Anzahl der Kinobesucher geht. Es ist die Geschichte von Mogli, der als Baby im Dschungel ausgesetzt wurde und unter Wölfen aufwächst. Der bösartige, aber sehr eloquente Tiger Shir Khan trachtet dem Menschenkind nach dem Leben. So wird dem schwarzen Panther Baghira die Aufgabe übertragen, Mogli zurück zu den Menschen zu bringen. Der vernünftigen Großkatze steht der gemütliche Bär Balu entgegen, der das Leben in vollen Zügen genießt und das Menschenkind gerne als Freund behalten würde. Hinzu kommen unvergessliche Nebencharaktere, wie die schrullige Riesenschlange Kaa, der Affenkönig King Louie oder Colonel Hathi von der Elefantenpatrouille. Einen Großteil des Charmes macht aber natürlich der Soundtrack mit vielen tollen Songs aus, die zurecht Kultstatus genießen.

Planet der Affen (1968)

Die 1960er Jahre waren geprägt von Kriegen, Rassenunruhen und Attentaten. In einer solchen Lage möchte ein Filmstudio vielleicht nicht unbedingt einen politischen Film ins Kino bringen, sondern das Publikum einfach unterhalten. Doch es gibt ein Genre, welches womöglich besser als alle anderen Unterhaltung mit Politik verknüpfen kann: Science-Fiction. „Planet der Affen“ ist ein Vertreter dieses Genres, und ein sehr guter noch dazu. George Taylor (Charlton Heston) befindet sich mit anderen Astronauten auf einem Raumschiff im All und entkommt dadurch der von Kriegen gebeutelten Erde des 20. Jahrhunderts. Nach monatelangem Tiefschlaf erwachen die Weltraumreisenden, doch ihr Schiff ist auf einen unbekannten Planeten gestürzt. Dort sind Affen die dominante Spezies und leben in einer rustikalen Zivilisation, während Menschen äußerst primitiv sind und wie eine minderwertige Rasse behandelt werden. Taylor verliert seine Stimme und lebt als Gefangener unter den Affen, bis er schließlich Verbündete findet und eine grauenhafte Wahrheit erkennen muss. „Planet der Affen“ ist ein visueller Genuss, der in Sachen Spezialeffekte und Maskenbild neue Maßstäbe setzte. Hinzu kommen zahlreiche gesellschaftskritische Töne, die den Film bis heute inhaltlich interessant und relevant machen.

2001: Odyssee im Weltraum (1968)

Ein schwarzes Bild, unterlegt mit den nervenaufreibenden Klängen des Orchesterwerks „Atmosphères“. Mond, Erde und Sonne in Konjunktion, dazu „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss. Eine Gruppe von Affen, die in der afrikanischen Savanne ums nackte Überleben kämpft. Ein quaderförmiger, schwarzer Monolith, der die Vormenschen dazu bringt, Knochen als Werkzeuge oder Waffen zu verwenden. Zeitsprung. Schnitt in den Weltraum. Raumschiffe und Raumstationen, die sich majestätisch durchs All bewegen, dazu der Walzer „An der schönen blauen Donau“. Das sind die ersten Minuten des Science-Fiction-Films „2001: Odyssee im Weltraum“ von Stanley Kubrick. Gesehen habe ich ihn erstmals 2014. In diesem Jahr brachte Christopher Nolan „Interstellar“ ins Kino, Kubricks Film galt hierbei als wichtige Inspiration. Insofern reizte es mich, die beiden Werke vergleichen zu können. Während „Interstellar“ hier und da wie eine etwas bemühte und zu kopflastige Vorlesung in Astrophysik daherkommt, ist „2001“ eher wie ein Lehrer, der dich in ein Museum für moderne Kunst führt und dich vor dem kompliziertesten und unheimlichsten Gemälde allein lässt. Zwar gibt es in Kubricks Film, der in vier Akte geteilt ist, schon eine klare Handlung. Besonders deutlich ist beispielsweise die Geschichte rund um den Supercomputer HAL 9000, der im Raumschiff seine menschlichen Mitreisenden überlistet und damit für die potentielle Gefahr künstlicher Intelligenz steht. Doch im letzten Akt geht „2001“ komplett in eine psychedelische Symbolwelt über, auf der sich jeder Zuschauer am besten selbst einen Reim machen sollte. In der richtigen Stimmung ist ein unvergesslicher Trip garantiert.

Spiel mir das Lied vom Tod (1968)

Es gibt ja viele Menschen, die sich über die Deutsche Bahn und das Warten auf zu spät kommende Züge aufregen. Die sollten sich vielleicht mal den Western-Klassiker „Spiel mir das Lied vom Tod“ von Sergio Leone ansehen. Mehr als zehn Minuten dauert die stumme Eröffnungssequenz, in der drei zwielichtige Revolvermänner in langen Staubmänteln an einem verlassenen Bahnhof auf einen Zug warten, um dann von einem namenlosen Mundharmonikaspieler erschossen zu werden. Dies ist der Auftakt einer Rachegeschichte, in der Charles Bronson, Henry Fonda und Claudia Cardinale in den Hauptrollen zu sehen sind. Abermals ist es Komponist Ennio Morricone, der einen Soundtrack der Extraklasse liefert. Regisseur Leone bündelt in „Spiel mir das Lied vom Tod“ alles, was den Spaghetti-Western ausmacht, und zelebriert genussvoll die ewig langen Einstellungen und extremen Nahaufnahmen. Das ist man von heutigen Filmen natürlich überhaupt nicht gewohnt, weswegen dieser Klassiker durchaus zu einer Geduldsprobe werden kann. Doch wer in der richtigen Stimmung ist und seine Sehgewohnheiten neu justieren möchte, sollte einen Blick riskieren – es lohnt sich. Auch wenn ich persönlich „Zwei glorreiche Halunken“ einen Tick besser finde, ist „Spiel mir das Lied vom Tod“ ohne jeden Zweifel ein Meilenstein der Filmgeschichte.

Outside In

Titel: Outside In
Regie: Lynn Shelton
Musik: Andrew Bird
Darsteller: Jay Duplass, Edie Falco, Kaitlyn Dever, Ben Schwartz

Der 38-jährige Chris (Jay Duplass) kehrt nach 20 Jahren Gefängnis in seine Heimatstadt zurück. Nur schwer gelingt es ihm, wieder auf die Beine zu kommen – zu überfordernd ist der schnelllebige Zeitgeist und die Blicke der Menschen. Wirklich frei fühlt sich Chris nur, wenn er allein mit seinem Rad durch die Straßen der Kleinstadt fährt. Kaum jemand scheint da zu sein, der ihm Halt gibt. Eine Ausnahme ist Carol (Edie Falco), seine ehemalige Lehrerin, die in den vergangenen 20 Jahren ihre ganze Zeit und Kraft für Chris´ Freilassung geopfert hat. Nun, da sie sich im realen Leben gegenüberstehen, wird ihre Beziehung plötzlich vor harte Proben gestellt.

Die Filmemacherin Lynn Shelton verstarb kürzlich mit nur 54 Jahren viel zu früh und unerwartet. Bekannt war sie zwar eher als Regisseurin an Sets diverser TV-Serien (u.a. GLOW, Love, Master of None), doch hat sie sich auch mit ihren Arbeiten an einigen Indiefilmen einen Namen gemacht. So auch das Drama „Outside In“ um einen ehemaligen Gefängnisinsassen, der sich zwar in Freiheit wähnt, ob seiner Umwelt, die unaufhaltsam an ihm vorbeizieht, aber wie in Ketten liegt. Dabei ist es die unaufgeregte Erzählweise, die mich so nachhaltig beeindruckt hat. In vielen anderen Filmen wäre beispielsweise der Grund für Chris´ Gefängnisstrafe – ein schiefgelaufener Überfall – viel detaillierter behandelt worden. Outside In jedoch wirkt wie der Ausschnitt einer großen Geschichte, der sich auf einen bestimmten Strang bezieht – und das ist hervorragendes Stroytelling.

Die Figuren haben (gemeinsame Vor-)Geschichte. Ob es nun die schwierige Beziehung zwischen Chris und seinem Bruder Ted (Ben Schwartz), der, wie man nur langsam erfährt, auch am Überfall beteilgt war. Oder aber Hildy (Kaitlyn Dever), die Tochter Carols, die mit ihrer eigensinnigen Art auf die Welt blickt, und dabei Chris mit seinem Schmerz und Ungewissheit wahrnimmt. Im Mittelpunkt steht aber seine Beziehung zu Carol, die in den Jahren seines Gefängnisaufenthaltes als einzige für ihn da war. Es scheint für ihn beinahe unvorstellbar, jemals einem anderen Menschen so Nahe zu sein wie ihr. Diese aber hat mit ihrer zerbrechenden Ehe zu kämpfen, und ist sich deshalb ihrer Gefühle gegenüber Chris absolut unsicher, vor allem da die beiden ein großer Altersunterschied trennt.

Outside In besticht aber nicht nur in seiner natürlich erzählten Geschichte, sondern erzeugt mit seinem melancholischen Soundtrack auch eine bittere Atmosphäre, in die sich die geplagten Charaktere nur zu gut einfügen. Ergänzt von schwermütigen Bildern, die in kleinen Blitzlichtern immer wieder die Schönheit des Zerbrochenen sichtbar machen.

Fazit: Mit Outside In gelang Lynn Shelton eine Filmperle, die in unaufgeregter Weise wichtige Fragen aufwirft, etwa „Wie gelingt Resozialisierung nach jahrzehntelanger Isolation?“ oder „Was ist wahre Liebe?“. Der große Pluspunkt: Outside In versucht nicht, diese Fragen in bedeutungsschwangeren, moralischen Weisheiten zu beantworten, sondern bleibt zu jeder Zeit natürlich und lebensnah. Indiefreunde schauen auf jeden Fall rein!

8 von 10 Popcornguys